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Crédit Suisse: Vom Zombie zum Monster…

Kümmerliche 0,76 Franken beträgt der Kaufpreis für eine Crédit-Suisse-Aktie nach den am Wochenende festgezurrten Übernahme-Bedingungen. Am vergangenen Freitag war die Notierung noch mit vergleichsweise üppigen 1,86 Franken aus dem Handel gegangen.

Wobei anzumerken ist, dass die Aktionäre im Vorfeld gar nicht gefragt wurden, ob sie überhaupt bereit wären, das Übernahme-Angebot anzunehmen. Dass die Anteilseigner somit zwangsenteignet wurden, gibt dem Vorgang eine besonders pikante Note. Das dürfte nicht folgenlos bleiben:

So hält etwa der Schweizer Rechtsprofessor Peter V. Kunz das Notrecht, auf das sich die Regierung in Bern bei der forcierten Übernahme der Credit Suisse (CS) durch die UBS stützt, für eine unzureichende Rechtsgrundlage. Kunz rechnet daher mit Klagen gegen die Eidgenossenschaft.

Dass die CS-Aktionäre zu dem Deal gar nicht gefragt wurden, sei ein allen Gesetzen zuwiderlaufender Vorgang. Noch am vergangenen Freitag habe man öffentlich versichert, dass die Bank liquide sei und kein Notfall bestehe. An dieser Aussage, so Kunz, könnten die Großaktionäre den Bund jetzt festnageln. Hinzu kommt ein weiteres fatales Signal an den Markt: Was, wenn die UBS-Aktionäre den Notfall-Deal gar nicht gewollt hätten?

Kunz sagt weiter, dass der Bundesrat mit der Anwendung des Notrechts sogar den Interessen des Landes schade. Denn in der Schweiz müssten Investoren ab sofort damit rechnen, ohne rechtliche Grundlage enteignet zu werden.

Ähnlich kommentierte die „Neue Zürcher Zeitung“ die Übernahme der Crédit Suisse: Zwar habe sich die Schweiz einer Zombie-Bank entledigt, wache an diesem Montagmorgen jedoch mit einer Monster-Bank auf.

‚Monster‘ deshalb, weil die Bilanzsumme der neu formierten UBS fast doppelt so groß sein werde wie die Schweizer Wirtschaftsleistung. Die neu geschaffene Bank sei somit erst recht zu groß, um sie untergehen zu lassen. In der Tat, denn mit dem Deal wird die UBS aus der kleinen Schweiz zu einem Mammutinstitut, das größer sein wird als die Deutsche Bank!

Laut UBS wird das fusionierte Finanzinstitut über ein investiertes Vermögen von rund 5,0 Billionen US-Dollar verfügen. Zum Vergleich: Im Jahr 2022 hat Deutschland ein Bruttoinlandsprodukt (BIP) von rund 3,87 Billionen Euro oder 4,13 Billionen US-Dollar erwirtschaftet. Das bedeutet: Niemand wird die UBS im Ernstfall retten können, schon gar nicht die Schweiz mit ihrem jährlichen BIP von zuletzt 771 Milliarden Schweizer Franken (831 Milliarden US-Dollar)

Das jedenfalls ist der Stand heute Vormittag. Aber warten wir erst einmal ab, wie die saudischen CS-Großaktionäre auf das Husarenstück ihrer Zwangsenteignung reagieren werden.

Ziehen diese Investoren ihre Gelder jetzt nämlich ab, könnte womöglich auch die neu fusionierte Großbank schneller in Schwierigkeiten kommen, als man sich das heute vorzustellen vermag.

So ist das ja häufig in solchen Krisen: Erst beginnt alles ganz langsam, und dann geht es Schlag auf Schlag. Lösen die Saudis daher jetzt einen Bankrun aus, könnte dies auch die Großbanken in Deutschland in die Bredouille bringen…

Die alles entscheidende Frage lautet daher, wie die Menschen in Europa auf die Zwangsehe der beiden größten Schweizer Banken reagieren werden. Die vergangenen Tage haben gezeigt, wie schnell sich das Vertrauen verflüchtigen kann. Doch genau dieses Vertrauen der Bürger ist der wichtigste „Vermögenswert“ der Finanzinstitute.

So ist es natürlich auch kein Zufall, dass sämtliche EU-Institutionen, alle international führenden Notenbanken wie auch das Bundesfinanzministerium am heutigen Montag die Stabilität des Finanzsystems beschwören.

Nach dem Motto: Hier gibt`s nichts zu sehen, alles unter Kontrolle, bitte gehen Sie weiter.

Man sollte sich nicht täuschen in den Elfenbeintürmen der Politik, denn allmählich geht immer mehr Menschen ein Licht auf und sie erkennen auch in unserem Finanzsystem die wahren Zusammenhänge.

Sollte sich dieser Trend in den kommenden Monaten beschleunigen, woran nach Lage der Dinge kaum zu zweifeln ist, dann markiert der März 2023 ganz sicher nicht das Ende der „ganz plötzlich“ erneut auftauchenden Finanzkrise.

Ganz im Gegenteil, denn die Wahrheit ist, dass die weltumspannende Krise von 2008 bis heute nicht gelöst, sondern mit gigantischen Mengen an neu geschaffenem Geld notdürftig zugekleistert wurde.

Wenn das jetzt rauskommen sollte, und alles spricht dafür, dann fangen die Probleme gerade erst an…

Näheres in der kommenden Ausgabe des Antizyklischen Börsenbriefs…