Warum wir keine Derivate kaufen…

Kann man eigentlich in "Massenvernichtungswaffen" investieren, ohne dabei Krieg zu spielen? Ja, das geht. Doch warum das ziemlicher Blödsinn ist, das erfahren Sie hier...
Andreas Hoose

Andreas Hoose

Optionsscheine und Zertifikate sind „in“. Eine ganze Industrie lebt davon, Anlegern diese Finanzwetten unterzujubeln. Experten beteuern: Zur „Absicherung“, etwa als Schutz vor Kursverlusten, seien diese Produkte unverzichtbar. Warren Buffett spricht dagegen von „Massenvernichtungswaffen“. Warum eigentlich? Die Antwort dürften Anleger in den kommenden Jahren am eigenen Leib zu spüren bekommen…

Altmeister Warren Buffett hatte sich vor einiger Zeit einmal sehr abfällig über Derivate geäußert. Diese Finanzwetten, Optionsscheine beispielsweise oder Zertifikate, seien „finanzielle Massenvernichtungswaffen“. Ist damit nicht bereits alles gesagt und kann man das Thema somit abhaken?

Keineswegs, denn der Sektor erfreut sich nach wie vor außerordentlicher Beliebtheit. Banken, Broker, Finanzmedien und sonstige Experten – alle empfehlen sie dieses Zeug. Doch ist das berechtigt? Welche Risiken sind eigentlich mit diesen Finanzwetten in Zeiten einer globalen Schulden- und Geldsystemkrise verbunden?

Derivate sind künstliche Finanzinstrumente, die von traditionellen Anlageformen wie Aktien, Anleihen, Währungen, Edelmetallen oder Rohstoffen abgeleitet sind. Mit anderen Worten: Dem Derivat liegt lediglich ein Anlageinstrument zugrunde. Das Konstrukt selbst ist jedoch „wertlos“, wenn man so will. Aber gleich von Massenvernichtungswaffen zu sprechen? Ist das nicht etwas übertrieben?

Alles halb so schlimm, stellte das Handelsblatt im folgenden Beitrag schon vor einigen Jahren fest. Und man höre und staune: Die von Buffett gescholtenen Wetten hätten die Finanzwelt sogar „sicherer gemacht“…

Hören wir hier das Pfeifen im Walde, das anhebt, um bloß keine schlafenden Hunde zu wecken? In ruhigem Börsenfahrwasser mag an dem Sicherheitsargument vielleicht sogar etwas dran sein. Doch leben wir tatsächlich in „normalen Zeiten“ mit ruhiger See – oder womöglich eher am Vorabend eines ausgewachsenen Orkans?

Letzten Endes, und das ist ein sehr wichtiger Punkt, geht es um die Frage, ob man in diesen Zeiten in Sachwerte investieren sollte, hierzu zählen Aktien, aber auch Gold, Oldtimer und Immobilien – oder lieber in „Papiergeld“, also etwa in Derivate, die ja sogar noch weniger sind als das, nämlich im Grunde nur heiße Luft…

Bankenkrise in Sicht?

Der Dreh- und Angelpunkt bei der Frage, ob man sein Erspartes in Finanzwetten anlegen sollte, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit dort zu finden, wo Anleger aus Gewohnheit kaum hinsehen: Bei den Banken selbst. Doch waren die nicht „schon immer“ da und braucht sie ohnehin nicht jeder? Wozu sollte man sich da also größere Sorgen machen?

So denkt vermutlich die überwiegende Mehrheit. Doch könnte es nicht sein, dass die Finanzhäuer selbst zu einem Risiko werden könnten, sollte sich die Lage weiter zuspitzen?  Der März dieses Jahres hat einen ersten Vorgeschmack gebracht, was in diesem Zusammenhang noch zu erwarten ist: Die „Notfallrettung“ der Crédit Suisse durch die Schweizer Großbank UBS hat eindrucksvoll gezeigt, auf welch wackeligem Fundament der globale Bankensektor steht. Doch mit allergrößter Wahrscheinlichkeit war das erst der Anfang…

Schließlich sind es die Banken selbst, die Derivate begeben, also für die Interessenten an den Kapitalmärkten erst zugänglich machen. Man spricht daher auch von einem „Emittentenrisiko“. Das bedeutet: Kommt ein Emittent in größere Schwierigkeiten, wie etwa die besagte Crédit Suisse, dann kann das von dieser Bank begebene Derivat im Extremfall vollständig wertlos werden. Ist es das, was Buffett mit seiner Warnung gemeint hatte?

Konsequenterweise muss man davon ausgehen, dass größere Probleme bei den Banken früher oder später auch bei den von diesen Banken herausgegebenen Derivaten landen werden. Dass dies schon naher Zukunft auf der Agenda stehen könnte, hatte ausgerechnet die deutsche Finanzaufsicht BaFin vor einiger Zeit deutlich gemacht. Demnach würden Firmenpleiten wegen der Coronakrise früher oder später auch den Bankensektor unter Druck bringen. Dazu der folgende Beitrag von Spiegel-Online…

Was die Spatzen längst von allen Dächern pfeifen, wird nun also quasi regierungsamtlich bestätigt. Denn natürlich werden die Banken im Nachgang der Coronakrise und als Folge der globalen Verschuldungsorgie längerfristig in Schwierigkeiten kommen.

Dann wird die „Retterei“ allerdings erst so richtig losgehen, und auch das globale Erwachen dürfte dann einen Gang höher schalten, denn die Summen, die notwendig sein werden, um den Banken aus der Patsche zu helfen, dürften das Vorstellungsvermögen der meisten Menschen weit übersteigen….

An dieser Stelle ist nun der Blick auf einige Kursverläufe erhellend: Nachfolgend sehen Sie den Verlauf des Europäischen Bankenindex (hellgrüne Linie) seit dem Jahr 1995 im direkten Vergleich mit dem EuroStoxx 50 (schwarz).

Man muss schon ziemlich phantasielos sein, um nicht zu erkennen, was hier los ist: Der breite Aktienmarkt hat den Europäischen Bankensektor massiv abgehängt. Der Performance-Unterschied liegt bei rund 200 Prozent (!) zugunsten der Standardaktien.

Interessanterweise war das im Vorfeld der Finanzkrise von 2008 noch ganz anders: Seinerzeit haben die „Rettungsmaßnahmen“ der internationalen Notenbanken als Reaktion auf das Platzen der Internetblase um die Jahrtausendwende dazu geführt, dass der Bankensektor regelrecht aufgeblüht ist. Aktuell jedoch liegen die Bankaktien wie Blei im Keller.

Das gilt bemerkenswerterweise auch für die Bankentitel in den USA: Entgegen der landläufigen Behauptung, dass Zinsanhebungen den Finanzhäusern zu Gute kommen, ist auch der US-Bankensektor zu einem Häuflein Elend verkommen. Die folgende Grafik zeigt dazu den Verlauf der vergangenen fünf Jahre auf Wochenbasis:

Gehen wir nun also einen Schritt weiter und fragen wir uns, was mit den dargestellten Kursverläufen passieren wird, sollten die Banken wegen der Welle an Firmenpleiten, die wegen des globalen Zinsanhebungstrends unausweichlich ist, noch stärker in Schieflage geraten sollten, als dies offensichtlich schon heute der Fall ist.

Konkret gefragt: Wenn wegen massenhafter Firmenpleiten ebenso massenweise Kredite ausfallen, werden die Aktien der Finanzinstitute dann den nächsten Höhenflug starten? Oder werden sie einbrechen? Was meinen Sie?

Der gesunde Menschenverstand hat auf diese Frage eine erfreulich plausible Antwort: Natürlich werden die Aktien der Banken längerfristig weiter abstürzen, wenn sich dem grassierenden Zins-Problem auch noch eine ausgewachsene Lawine ausfallender Kredite hinzugesellt.

Was das für die von diesen Banken begebenen Derivate bedeutet, das kann man sich schon heute an den fünf Fingern einer Hand abzählen: Im Ernstfall, wenn also die Hütte im Bankensektor richtig brennt, dann werden für die genannten Finanzwetten , also insbesondere bei den überaus beliebten Zertifikaten und Optionsscheinen, keine Kurse mehr gestellt. Anleger können dann nicht mehr verkaufen und nur noch zusehen, wie ihr Kapital in Rauch aufgeht.

Leider kann im aktuellen Umfeld einer sich weiter zuspitzenden Geldsystemkrise niemand ein solches Szenario ausschließen. Und weil sich dies weder wegdiskutieren noch aussitzen lässt, verzichten wir im Antizyklischen Börsenbrief ganz bewusst auf den Einsatz von Finanzwetten aller Art.

Wir handhaben dies schon seit Jahren so und wir sind damit zumindest im deutschsprachigen Raum allein auf weiter Flur. Schließlich gehört es nicht nur hier zu Lande unter „Profis“ zum „guten Ton“ Aktiendepots gegen Kursverluste via Finanzwetten „abzusichern“. Was für ein Unsinn das ist, das zeigen die dargestellten Fakten, die diesen „Profis“ früher oder später um die Ohren fliegen werden…

Den einen oder anderen Kursgewinn mögen wir mit unserer Derivate-Abstinenz vielleicht verpassen. Doch womöglich ist es auch hier so, wie man das in der Vergangenheit schon häufig erleben konnte: Ein Problem wird von der Masse meist erst erkannt, wenn es zu spät ist.

Was also kann man tun?

Wer auf den Einsatz von Finanzwetten partout nicht verzichten möchte, dem sei angeraten, regelmäßig die Internetseite des Deutschen Derivateverbandes (DDV) aufzusuchen. Dort werden die so genannten Credit-Default-Swaps der Banken regelmäßig aktualisiert.

Der DDV schreibt dazu:

„Die angegebenen Basispunkte stellen die Versicherungsprämie dar, die der Versicherungsnehmer zu entrichten hat, um sich gegen einen Ausfall der Schuldverschreibungen des jeweiligen Unternehmens abzusichern. Diese Prämien können noch zeitnäher und genauer als manche Ratings Aufschlüsse über die Bonität eines Unternehmens geben. Grundsätzlich gilt: Ein geringer CDS – also eine geringe Risikoprämie – spricht für eine hohe Bonität und umgekehrt“.

Das bedeutet: Je höher der Wert, desto kritischer ist die Lage bei der betreffenden Bank.

Achten sollte man insbesondere darauf, ob die Kredit-Spreads plötzlich beginnen, stark anzusteigen. Das wäre ein wichtiger Hinweis, den Derivatesektor schleunigst zu verlassen. Problematisch wäre auch, sollten die Informationen auf der Internetseite des Derivateverbands „plötzlich“ nicht mehr verfügbar sein.

Und sonst?

Darüber hinaus sollten sich weitblickende Anleger keine grauen Haare wachsen lassen, sollte sich in naher Zukunft herausstellen, dass der Derivatemarkt in größere Turbulenzen gerät. Denn es gibt sinnvolle Alternativen:

Insbesondere in den von uns favorisierten Sektoren gibt es für Anleger mit hohen Renditeerwartungen interessante Kaufaspiranten, die es hinsichtlich möglicher Wertsteigerungen mit den spektakulärsten Optionsscheinen und Hebelzertifikaten aufnehmen können:

Vor allem die Aktien kleinerer Unternehmen aus dem Edelmetall- und Rohstoff-Sektor sind berühmt (und auch berüchtigt) für ihre enormen Kursschwankungen. Doch anders als etwa bei einem Optionsschein gibt es hier weder Zeitwertverlust noch Verfallstag.

Solange das Unternehmen existiert, und die Kapitalmärkte geöffnet sind, können die Aktien jederzeit an der Börse gehandelt werden…und wenn sich die Kurse nicht in die erwartete Richtung bewegen, lassen sich Durststrecken auch einfach aussitzen. Versuchen Sie das mal mit einem Optionsschein…

Und es geht auch noch deutlich entspannter: Konservativere Anleger greifen etwa zu den Aktien der großen Weltkonzerne mit mehr oder weniger üppiger Dividendenrendite. Kaufen und liegenlassen funktioniert hier immer noch ganz hervorragend.

Wenn Ihnen in dem Zusammenhang daher jemand weismachen will, der althergebrachte Ansatz des „Buy and hold“ sei überholt, dann machen Sie einfach folgende Rechnung auf:

Mit Aktien des brasilianischen Erdöl-Riesen Petrobras (PBR) konnten Anleger in den vergangenen fünf Jahren eine durchschnittliche (!) jährliche Dividendenrendite von 15 Prozent erzielen. Mit anderen Worten: Wer hier nur 10.000 Euro investiert hatte, der konnte jedes Jahre 1.500 Euro an Dividendenerträgen einstreichen. Mit Verlaub, aber das schafft kaum ein Vermögensverwalter und erst recht kein Index-Zertifikat…

Und schließlich gibt es dann ja noch unsere Spezialdisziplin: Aktien von „Börsenstiefkindern“, die im Moment niemand haben will, weisen oftmals erhebliches Kurspotential auf – bei gleichzeitig sehr überschaubaren Risiken:

Unternehmen, die ihren Crash bereits hinter sich haben und kurz davorstehen, von den Anlegern wieder entdeckt zu werden, sind zwar selten, zählen aber zu den renditestärksten und risikoärmsten Investments überhaupt.

Auf „Massenvernichtungswaffen“ werden wir daher auch in Zukunft ganz entspannt verzichten…

Mehr dazu in der kommenden Ausgabe des Antizyklischen Börsenbriefs.

 

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