Die Neue Weltordnung ist da…

Chinesen und Russen einander in die Arme zu treiben, könnte sich als die größte strategische Fehlkalkulation aller Zeiten erweisen. Eine Analyse von Bill Bonner...
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Da ist sie – die Neue Weltordnung.

Politik interessiert uns nicht. Allerdings gilt das nicht für das übergeordnete politische Bild.  Die tiefen Strömungen dort – meist unsichtbar – bestimmen die Geschichte. Und sie lenken und steuern auch die primären Trends an den Märkten.

Diese Woche ist etwas sehr Wichtiges passiert. Wir sahen, wie die Zukunft Gestalt annahm. Wladimir Putin reiste nach Peking. Dort wurde er so herzlich empfangen wie noch nie. Aber das war mehr als nur ein freundschaftlicher Empfang… es war das Signal für eine große Verschiebung in den Machtbeziehungen – ‚les rapports de force‘ – zwischen den Regierungen des Planeten Erde.

Ray McGovern, seit 27 Jahren CIA-Analyst, berichtet:

„Es handelt sich um eine tektonische Verschiebung des weltweiten Kräfteverhältnisses. Das russisch-chinesische Bündnis ist auch der Todesstoß für die Versuche amerikanischer Neulinge in der Außenpolitik, einen Keil zwischen die beiden Länder zu treiben. Die Dreiecksbeziehung ist zu einer Zwei-gegen-Eins-Beziehung geworden, was schwerwiegende Folgen hat, insbesondere für den Krieg in der Ukraine. Wenn die außenpolitischen Genies von US-Präsident Joe Biden weiterhin die Augen verschließen, ist eine Eskalation so gut wie sicher.“

Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs haben sich die amerikanischen Sicherheitsexperten und geopolitischen Strategen mit der vermeintlich ewigen Feindschaft zwischen Russland und China getröstet. Die beiden Giganten haben eine lange gemeinsame Grenze und eine lange Geschichte des gegenseitigen Misstrauens.

Doch jetzt hat sich das geändert. Die beiden alten Kontrahenten haben sich einander angenähert. „Jetzt sind es zwei gegen einen“, sagt McGovern.

Arnaud Bertrand stellt dazu fest:

„China und Russland haben eine außergewöhnliche gemeinsame Erklärung abgegeben, die in der Übersetzung ins Englische fast 8.000 Wörter umfasst und in vielerlei Hinsicht wichtiger ist als die berühmte „No Limits“-Partnerschaftserklärung vom Februar 2022.“ 

Bertrand identifiziert drei wichtige Merkmale in der gemeinsamen russisch-chinesischen Erklärung. Erstens verkünden sie offen eine neue Weltordnung, in der die USA nicht mehr der Boss sind:

„Der Status und die Stärke der aufstrebenden großen Länder und Regionen im ‚Globalen Süden‘ [nehmen] kontinuierlich zu“, was zu einer größeren „Multipolarität“ führen wird.“ 

Der zweite Punkt ist, dass die Erklärung eindeutig auf die USA abzielt und sie auffordert, sich nicht länger „in die inneren Angelegenheiten anderer Länder einzumischen“ … und „kleine Höfe mit hohen Zäunen“ zwischen den souveränen Mächten der Welt zu schaffen. Der dritte Punkt muss unseren Kriegstreibern Schauer der Freude und der Vorahnung über den Rücken jagen. Er fordert eine viel umfassendere, tiefere Zusammenarbeit, sowohl militärisch als auch wirtschaftlich:

…“[beide Seiten] werden das gegenseitige Vertrauen und die Zusammenarbeit im militärischen Bereich weiter vertiefen, den Umfang gemeinsamer Ausbildungsmaßnahmen ausweiten, regelmäßig gemeinsame See- und Luftpatrouillen organisieren, die Koordinierung und Zusammenarbeit im bilateralen und multilateralen Rahmen verstärken und die Fähigkeit und das Niveau der gemeinsamen Reaktion auf Risiken und Herausforderungen kontinuierlich verbessern.“

Ist das nur diplomatisches Blabla? Es hört sich nicht so an. Eher schon klingt das nach einem Bündnis zwischen dem geografisch größten Land der Welt – Russland – und der dynamischsten Volkswirtschaft der Welt – China.

Russland ist militärisch erfahren und fähig; es hat bewiesen, dass es den Waffen und Taktiken des fortschrittlichen „Westens“ widerstehen kann. Aber die russische Wirtschaft ist vergleichsweise winzig. Die US-Feuerkraftlobby hat die „Bärenhetze“ voll ausgenutzt, um mehr Geld vom Kongress zu erpressen. Aber Russland fehlt die wirtschaftliche Stärke, um für die USA eine große Gefahr darzustellen.

Auch China war ein bequemes Schreckgespenst. Das Land verfügt über Produktions- und High-Tech-Kapazitäten in Hülle und Fülle. Was dem Land fehlt, ist die Erfahrung in moderner Kriegsführung. Seit Chiang Kai-shek 1949 nach Taiwan geflohen ist, kümmert sich China um seine eigenen Angelegenheiten und war in letzter Zeit mehr darauf bedacht, Geld zu verdienen als Krieg zu führen. Doch jetzt, mit der vollen Unterstützung Russlands, wird es in der Lage sein, seine Verteidigung zu verstärken und sein Militär auf den Weltstandard zu bringen.

Alfred Thayer Mahan stellte eine große Theorie auf, nach der es zwei Arten von geopolitischer Macht gibt – Landmacht und Seemacht -, die er in seinem berühmten Buch The Influence of Seapower upon History beschrieb.

Das Buch wurde zur Pflichtlektüre, nicht nur am US Naval War College, sondern auch in Japan und Deutschland. Die Japaner bauten ihre Flotte in den 1920er und 30er Jahren in der Erwartung einer „Entscheidungsschlacht“ mit den USA auf. Tatsächlich bekamen sie ihre Entscheidungsschlacht – Midway – und sie verloren.

Napoleon Bonaparte schien Mahan um fast ein Jahrhundert voraus zu sein. Er glaubte, er würde den Herzog von Wellington bei Waterloo schlagen, weil „die Engländer nicht wissen, wie man an Land kämpft.“

Auch er verlor.

Aber nie zuvor in der Geschichte gab es eine Landmacht, die potenziell so groß war, wie ein Zusammenschluss von China und Russland.

Aus verschiedenen Gründen – meist aus Käuflichkeit, teilweise aber auch aus Dummheit – machten sich die US-Politiker sowohl Russland als auch China zum Feind.

Die Rüstungsindustrie braucht Feinde, um riesige Militärbudgets zu rechtfertigen. Angestachelt von den Neokonservativen haben die USA Sanktionen, Zölle, massive Unterstützung für die Ukraine, höhere Militärausgaben, Drohungen und hochentwickelte neue Waffen auf den Weg gebracht.

Mit unseren Analysen haben wir uns darauf konzentriert, wie diese Maßnahmen die Schulden der USA erhöhen und es unmöglich machen, eine Schuldenkrise zu verhindern.

Aber das könnte sich als das geringste Problem erweisen. Chinesen und Russen einander in die Arme zu treiben, könnte sich dagegen als die größte strategische Fehlkalkulation aller Zeiten herausstellen.

Ja, die gefürchteten Hunnen, die Han, die Tataren, die Mongolen, die Kosaken – all die wilden Krieger der Steppen und des Reichs der Mitte – kommen jetzt zusammen.  Seit Dschingis Khan war das eurasische Kernland nicht mehr so geeint.   

Vietnam, Grenada, Guatemala, Nicaragua, Irak, Afghanistan – all das waren kleine Fische.  Jetzt aber könnte das „Imperium des Westens“ einen würdigen Gegner gefunden haben…

Mit freundlichen Grüßen,

Bill Bonner

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