Wählerbetrug!

Jetzt soll alles ganz schnell gehen: In einer Reihe von Sondersitzungen soll das Monsterschuldenpaket von 900 Milliarden mit unabsehbaren Wirkungen auf Finanzlage, Inflation und Stabilität des Euro durchgedrückt werden. Die vorgetäuschte Eilbedürftigkeit liegt nicht vor – denn der neu gewählte Bundestag könnte zeitgleich entscheiden.

Nach den Plänen von CDU und SPD wird der alte Bundestag am nächsten Donnerstag, 13. März, in erster Lesung über die von CDU/CSU und SPD geplanten Änderungen des Grundgesetzes für eine Reform der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben und Milliarden-Sonderschulden für die Infrastruktur beraten. Diesen Zeitplan legte am Donnerstag der Ältestenrat mit der Mehrheit von Union und SPD des Parlaments fest, wie die Nachrichtenagenturen dpa und Reuters berichten. Die zweite und entscheidende dritte Lesung soll am 18. März stattfinden.

Der neue Bundestag könnte schon entscheiden

Zu diesem Zeitpunkt könnte aber schon der neu gewählte Bundestag entscheiden. Warum wird er künstlich ausgebremst und der alte zu einer weitreichenden Entscheidung herangezogen? Denn die angebliche Frist von 30 Tagen zwischen Neuwahl und konstituierender Sitzung wird verfälscht wiedergegeben. Der Bundestag muss sich nicht 30 Tage nach der Wahl konstituieren, sondern SPÄTESTENS innerhalb von 30 Tagen, so schreibt es das Bundeswahlgesetz laut Bundeswahlleiter vor.

Diese längste Frist gibt es, um den Wahlausschüssen von Ländern und Bund die Möglichkeit zu geben, die Korrektheit der Auszählung zu kontrollieren. Laut übereinstimmender Meldungen des Bundestags wie des Bundeswahlleiters ist diese entscheidende Sitzung für den 14. März terminiert. Es wäre möglich, dass der neue Bundestag sich direkt danach, also am 15. oder 16. März, beziehungsweise auch am Montag, den 17. März, konstituiert. Noch schneller ginge es, wenn die mehr oder wenige formale Überprüfung der lokalen Wahlergebnisse noch früher stattfände.

Es wäre also möglich, dass der neue Bundestag sich direkt danach, am Montag, 17. März, konstituiert – oder sogar am Wochenende, was angesichts der zeittragenden Entscheidungen berechtigt wäre.

Es ging oft viel schneller

Dass es schneller geht, wenn man will, zeigt der Abstand zwischen Wahl und Konstituierung nach der ersten gesamtdeutschen Wahl am 2. Dezember 1990. Damals trat das Parlament nach 18 Tagen am 20. Dezember erstmals zusammen.

Nur 22 Tage dauerte es nach der Bundestagswahl am 28. September 1969, die den Wechsel von der ersten großen zur sozialliberalen Koalition markiert. Nach der Wahl am 6. März 1983 benötigte der Bundestag 23 Tage bis zur Konstituierung. 24 Tage verstrichen nach der Wahl, ehe sich der 1. Deutsche Bundestag am 7. September 1949, der 7. Deutsche Bundestag am 13. Dezember 1972 und der 11. Deutsche Bundestag am 18. Februar 1987 konstituierten.

Jeweils 25 Tage nach der Wahl fanden die erste Sitzung des 13. Deutschen Bundestages am 10. November 1994 und des 15. Deutschen Bundestages am 17. Oktober 2002 statt.

Verfassungsrechtler Murswiek konstatiert Verachtung des demokratischen Legitimationsprozesses

Warum wird also diesmal der alte Bundestag herangezogen, von dem rund 220 Abgeordnete nicht mehr gewählt wurden? Warum überlässt man nicht dem neu gewählten Bundestag die wirklich extrem weitreichende Entscheidung zur Grundgesetzänderung und zum Schuldenpaket? Der Staatsrechtler Dietrich Murswiek schreibt dazu auf TE:

Nicht wegen Unaufschiebbarkeit des Vorhabens, sondern allein zu dem Zweck, den neu gewählten Bundestag auszutricksen und ihn mit Hilfe der alten Mehrheit vor vollendete Tatsachen zu stellen, soll jetzt noch schnell der alte Bundestag entscheiden. Dieses Vorgehen zeugt von Verachtung des Wählerwillens, ja, von Verachtung des demokratischen Legitimationsprozesses. Eine abgehobene politische Klasse setzt sich arrogant über diejenigen hinweg, von denen in der Demokratie die Staatsgewalt ausgehen soll. Sie zeigt keinen Respekt vor dem Wahlergebnis und keinen Respekt vor dem Grundgesetz. Sie ändert noch schnell die Verfassung, weil sie die dafür erforderliche Mehrheit gerade bei der Wahl verloren hat.“

Von den einst 736 Mitgliedern des Bundestages räumen derzeit fast 220 Abgeordnete von SPD, Grünen, FDP und BSW ihre Büros, weil sie ihre Mandate in der Bundestagswahl verloren haben. Aber über das historisch größte Schuldenpaket sollen sie noch mit abstimmen?

Die Antwort liegt auf der Hand. Im neuen Bundestag könnten andere Mehrheiten als die von CDU und SPD gewünschten deren Gesetzesanträge und Schuldenpakete blockieren. Insbesondere AfD und die Linke, aber auch die Grünen wegen ihrer Meinung nach unzureichender Berücksichtigung von Klimafragen könnten die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit zur Grundgesetzänderung blockieren.

Das bedeutet: Der neu gewählte Bundestag wie auch der Wählerwille sollen übertölpelt werden – mit Mehrheiten, die es so im Bundestag nicht mehr gibt.

Für den neuen Bundestag wäre das verheerend. Er muss mit einer Entscheidung fertig werden, die Deutschland auf Jahre verändern wird. Schon jetzt steigen die Zinsen für die Staatsschuld dramatisch an; künftig muss mit einer jährlich höheren Zinslast im Haushalt von bis zu 50 Milliarden Euro gerechnet werden. Außerdem verdrängt der Staat mit seiner steuerfinanzierten Macht jeden privaten Investor, vom Häuslebauer bis zum Industriekonzern, vom Markt und damit private Investitionen. Auch die Inflation wird angeheizt.

Aber darüber darf der neu gewählte Bundestag nicht entscheiden. Er soll schlucken, was die Parteivorsitzenden von CDU und SPD sich ausgedacht haben, um ihre seltsame Koalition irgendwie zurechtzuzimmern.

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